Eike-von-Repgow-Stipendium 2023 an Stefanie Fabian
Die Landeshauptstadt Magdeburg und die Otto-von-Guericke-Universität haben gemeinsam das Eike-von-Repgow-Stipendium 2023 an die Geschichtswissenschaftlerin Stefanie Fabian verliehen. Oberbürgermeisterin Simone Borris und der Rektor der Universität, Prof. Dr.-Ing. Jens Strackeljan, überreichten am 13. Dezember 2022 die Urkunde.
Von links: Prof. Dr. Matthias Puhle, Prof. Dr.-Ing. Jens Strackeljan, Dr. Gabriele Köster, Stefanie Fabian und ihr Mann, Simone Borris, Prof. Dr. Klaus Erich Pollmann und die Kulturbeigeordnete Regina-Dolores Stieler-Hinz
Stadt und Universität unterstützen Forschung der Historikerin
Erstmals handelt es sich bei dem für 2023 vergebenem Preis um ein einjähriges Vollzeitstipendium, mit einer monatlichen Zuwendung von 1.250 Euro. Damit soll die Forschungsarbeit zur Erlangung der Doktorwürde unterstützt.
Bereits zum zehnten Mal wurde das Stipendium alternierend zum Eike-von-Repgow-Preis vergeben. Das heißt, dass sich die Vergabe des Stipendiums und des Preises jeweils jährlich abwechseln. Das ab 2023 neu ausgerichtete Stipendium ermöglicht nun dem Wissenschaftsnachwuchs, in Vollzeitarbeit die eigenständige wissenschaftliche Forschung mit dem Ziel der Promotion an einer in- oder ausländischen Hochschule zu verfolgen.
Das Stipendium ist in das wissenschaftliche Konzept der Magdeburger Museen und des Stadtarchivs eingebunden. Es soll die stadtgeschichtlichen Forschungen in Zusammenarbeit mit dem Bereich für Geschichte der Fakultät für Humanwissenschaften an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg fördern.
Dissertationsvorhaben der Stipendiatin
Mit dem diesjährigen Eike-von-Repgow-Stipendium würdigt das Kuratorium die Verdienste von Stefanie Fabian. Die Stipendiatin ist eine langjährige Mitarbeiterin im Bereich Geschichte des Instituts II (Gesellschaftswissenschaften) der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Zu ihren Schwerpunkten gehören die historische Frauen- und Geschlechterforschung, die Regionalgeschichte Sachsen-Anhalts in der Vormoderne, Krieg und Militär in der frühen Neuzeit sowie die Kulturgeschichte der Gewalt.
Der Titel ihres Dissertationsvorhabens lautet: „Leben im Krieg. Begegnungen mit der ‚entfesselten‘ und der ‚gezähmten‘ Bellona (1616–1763)“.
Zur außergewöhnlichen Forschungsmethode
Darunter ist der gemeinhin als barbarisch geltende Dreißigjährige Krieg gemeint. Durch eine zunehmende Professionalisierung wurde dem späteren Siebenjährige Krieg, mitunter ein gewisses Maß an zivilisiertem Verhalten attestiert. Ausgehend von diesen beiden Kriegsereignissen untersucht sie Erfahrungen von Kriegsbeteiligten im mitteldeutschen Raum. Also jenes Gebiet, in dem auch das Wirken Eike von Repgows zu verorten ist.
Für ihre Untersuchung zieht die Stipendiatin umfangreiches, mitunter bisher nicht betrachtetes Archivmaterial heran. Allein dieser Teil der Arbeit stellt bereits eine gewichtige eigenständige Forschungsleistung dar. Ihre methodische Vorgehensweise ist eine Kombination mehrerer Ansätze aus der Geschichtswissenschaft und wird exakt beschrieben. Die Perspektive ihrer Untersuchung ist vergleichend, sowohl was die Zeiträume und die Kriege angeht als auch hinsichtlich der in den Blick genommen Personen (-Gruppen).
Die analysierten, ausgesprochen heterogenen Erfahrungen betreffen indes sowohl die Gruppe der Soldaten als auch diejenige der Zivilbevölkerung. Dabei vermeidet sie es jedoch, in Kategorien von ‚Täter‘ und ‚Opfer‘ zu argumentieren und bleibt stattdessen ergebnisoffen. Neu ist ihr Ansatz auch darin, dass ein krisenhafter Zeitraum aus dem Blick der Alltags- und Kulturgeschichte sowie der Gendergeschichte betrachtet wird und nicht mehr, wie zumeist, aus der Militärgeschichte heraus beurteilt wird.
Das Kuratorium zur Auswahl der Preisträger*innen und Stipendiat*innen hat am 25. November 2022 die Entscheidung über die diesjährige Verleihung getroffen und unter den zwei Vorschlägen Stefanie Fabian erwählt. Mit der Vergabe des Stipendiums ist zugleich die Bitte verbunden, einen kurzen Abschlussbericht nach Abschluss der Dissertation zu erstellen.
Veröffentlichte Aufsätze der Stipendiatin
- Vor Jahren hat die alte Magd dem Kaiser einen Tanz versagt … – Die überstandene Belagerung Magdeburgs 1550/51 und ihre Rolle für das Selbstbewusstsein und die Halsstarrigkeit der Stadt im Dreißigjährigen Krieg, in: Monumenta Guerickiana 238 (2021)
- Zwischen Schutzbedürftigkeit, Ermannung und Pragmatismus – weibliche Handlungsspielräume und Überlebensstrategien im Dreißigjährigen Krieg, in: Markus Meumann/Julia Schmidt-Funke/Astrid Ackermann (Herausgeber), Mitten in Deutschland – Mitten im Krieg (Gothaer Forschungen zur Frühen Neuzeit 17), Stuttgart 2021
- Ärztemangel im Ersten Weltkrieg. Motor zur Anstellung weiblicher Ärzte am Krankenhaus Altstadt, in: Eva Brinkschulte (Herausgeber), Zweihundert Jahre Krankenhausgeschichte(n). Vom städtischen Krankenhaus Altstadt zum Klinikum Magdeburg, Magdeburg 2017, Seiten 72-91
- Ein feste Burg wider den Kaiser – Alltag und Leben im belagerten Magdeburg, in: Maren Ballerstedt/Gabriele Köster/Cornelia Poenicke (Herausgeber), Magdeburg und die Reformation. Teil 1: Eine Stadt folgt Martin Luther (= Magdeburger Schriften 7), Halle (Saale) 2016, Seiten 403-425
- Dis waren verfluchte Diebes Hände. – Konfliktfelder und Wahrnehmungsdivergenzen zwischen Militär und Zivilbevölkerung bei Einquartierung und Truppendurchzug während des Dreißigjährigen Krieges, in: Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit 16 (2012) Heft 2, Seiten 169-196
Über das Eike-von-Repgow-Stipendium
Eike von Repgow setzte sich mit dem „Sachsenspiegel“ ein bleibendes Denkmal und trug damit den Namen Magdeburgs weit über die die Grenzen der Elbestadt hinaus. Als erstes Prosawerk der deutschen Sprache und einflussreichstes Rechtsbuch des Mittelalters erlangte der Sachsenspiegel gemeinsam mit dem Magdeburger Stadtrecht große Verbreitung in Mittel- und Osteuropa. Das Magdeburger Recht gilt damit als eines der bedeutendsten mittelalterlichen Stadtrechte und Eike von Repgow als erster Chronist mittelalterlichen Rechts.
Zu Ehren dieser bedeutenden Persönlichkeit und ihrer herausragenden Leistung für die historische Stellung Magdeburgs verleihen die Otto-von-Guericke-Universität und die Landeshauptstadt Magdeburg neben dem Eike-von-Repgow-Preis seit 2005 auch das Eike-von-Repgow-Stipendium. Es soll…
„...die wissenschaftliche und die künstlerische Beschäftigung mit der Geschichte und Kultur Mitteldeutschlands und des Gebietes der mittleren Elbe fördern sowie in Eike von Repgow eine bedeutende historische Persönlichkeit würdigen, die auf dem Boden Sachsen-Anhalts gewirkt hat. Zugleich sollen Preis und Stipendium an die Verbindung dieses Raumes mit anderen Teilen Europas erinnern.“
Das Stipendium dient der Motivation neuer Forschung, der Unterstützung von Forschungsvorhaben für den Wissenschaftsnachwuchs und der weiteren Beschäftigung mit der europäischen Rechtsgeschichte. Es wird alle zwei Jahre verliehen und war bisher mit einmalig 5.000 Euro dotiert. Ab dem Jahr 2023 handelt es sich um ein einjähriges Vollzeitforschungsstipendium mit einer Dotation von monatlich 1.250 Euro.