Internationale Konferenz Besatzungskinder in Österreich und Deutschland
Am 27. September 2011 findet unter Beteiligung des Institut für Geschichte/Lehrstuhl für Geschichte der Neuzeit eine internationale wissenschaftliche Konferenz zum Thema "Besatzungskinder in Österreich und Deutschland" statt.
Die Veranstaltung findet in der Diplomatischen Akademie Wien statt und wird neben dem IGES vom Ludwig Boltzmann-Institut für Kriegsfolgen-Forschung, Europäischen Netzwerk Erinnerung und Solidarität sowie des Vereins zur Förderung der Forschung von Konflikten und Kriegen ausgerichtet. Mitarbeiter, Studierende und interessierte Hörer sind wie immer sehr herzlich eingeladen. Etwaige Fragen zur individuellen Andreise und Orientierung in Wien können an den Lehrstuhl gerichtet werden.
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Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen in ganz Österreich und Deutschland sogenannte Besatzungskinder auf die Welt: als Folge freiwilliger sexueller Beziehungen zwischen einheimischen Frauen und Besatzungsangehörigen, aber auch als Folge von Vergewaltigungen. Sie galten als „Kinder des Feindes“, obwohl die Väter de jure keine Feinde mehr waren, und waren - gemeinsam mit ihren Müttern - meist unterschiedlichen Formen von Diskriminierung ausgesetzt. Gerade Kinder sowjetischer und „farbiger“ französischer Besatzungsangehöriger oder schwarzer GIs bildeten eine Angriffsfläche für rassische, ideologische und moralische Vorurteile, was zum Teil auch eine Folge der NS-Propaganda darstellte. Gemäß Stalins Politik waren Eheschließungen zwischen sowjetischen Soldaten und österreichischen bzw. deutschen Frauen so gut wie ausgeschlossen. Die meisten Armeeangehörigen wurden sogar zurück in die UdSSR versetzt, sobald eine derartige Liaison publik wurde. Jahrzehntelang war ein Kontakt beinahe unmöglich. Aber auch in den westlichen Besatzungszonen, in denen nach der Aufhebung des Fraternisierungsverbotes Eheschließungen zwischen Besatzungssoldaten und einheimischen Frauen erlaubt waren, wuchs die Mehrheit der Besatzungskinder als eine vaterlose Generation auf. Ohne Unterhaltszahlungen lebten viele dieser „unvollständigen“ Familien in finanziell schwierigsten Verhältnissen. Bei einem großen Teil der Besatzungskinder sind die Folgen der negativen individual-psychischen und psychosozialen Erfahrungen bis heute bemerkbar. Auch die gesellschaftliche Ächtung - oder die Angst davor - ist im näheren Umfeld teilweise nach wie vor spürbar. Gleichzeitig sind viele der Betroffenen von Tabuisierungen, Verheimlichungen und Lügen umgeben. Dies ist besonders schmerzhaft, wenn wenig bis nichts vom Vater bekannt ist. Die Suche nach dem Vater ist für viele der Betroffenen Zeit ihres Lebens ein Thema. Im Rahmen der Konferenz wird erstmals ein Überblick über die Situation der Besatzungskinder in den unterschiedlichen Besatzungszonen Österreichs und Deutschlands, ihre Sozialisations- und Lebensbedingungen sowie ihre weiteren Biografien gegeben werden. Die Rolle der (Nachkriegs-) Gesellschaften wird dabei ebenso berücksichtigt wie jene der (ehemaligen) Besatzungsmächte. Diese akribische Spurensuche soll dieses vielfach bis heute tabuisierte Thema der Öffentlichkeit zugänglich machen und eine Lücke in der Zeitgeschichteforschung schließen.
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