Exkursion 'Haus der Wannsee-Konferenz'

18.11.2011 -  

Am 18. November 2011 fand eine Exkursion von Lehrenden und Studierenden und  des Instituts für Geschichte / Lehrstuhl für Geschichte der Neuzeit (19.-20. Jahrhundert) zum Haus der Wannsee-Konferenz nach Berlin statt. Rückblickend haben wir einen Exkursionsbericht sowie Bilder für Sie bereitgestellt.(stn)

Ankündigung und Programm:

Am 18. November 2011, von ca. 08:00 bis 17:00 Uhr, findet eine Exkursion in das "Haus der Wannsee-Konferenz" in Berlin statt.  Ziel der Veranstaltung ist es, die im Haus befindliche Ausstellung zu besichtigen als auch ein zweistündiges Seminar vor Ort abzuhalten.   

Treffpunkt: 07.45 Uhr/Parkplatz des G 40 (in der Nähe der Sporthallen), Abfahrt: 08.00 Uhr mit einem Bus des Reiseunternehmens "Sudenburger Reisespatz" und Rückkunft in Magdeburg: ca. 17.45 Uhr.

I. 10.00 - 12.00 Uhr Führung durch die Ausstellung
  12.00 - 12.45 Uhr Mittagspause
II. 12.45 - 13.45 Uhr Vertiefung des Ausstellungsbesuchs ("zweite Ebene": Reader, Audiostationen, Videostationen) und Besuch der Bibliothek
III. 14.00 - 16.00 Uhr

Seminar:

Die Wannsee-Konferenz: Faktum und Darstellung in der Gedenkstätte HWK

1. Diskussion der Ausstellungskonzeption

2. Geschichtspolitik und Erinnerungskultur in der sogenannten medialen Erlebniswelt: Visualisierung und Virtualisierung von Geschichte - Reichweiten und Grenzen in der historisch-politischen Bildun

Exkursionsbericht zum Besuch in der „Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz Berlin

„Ich habe hier 18 Bücher über das Dritte Reich veröffentlicht, und das alles hatte keine Wirkung. Du kannst dich bei den Deutschen tot dokumentieren, es kann in Bonn die demokratischste Regierung sein und die Massenmörder gehen frei herum, haben ihr Häuschen und züchten Blumen.“

Joseph Wulf, geb. 1912, Überlebender des Lagers Auschwitz

Knapp 25 Kilometer außerhalb von Berlin liegt das „Haus der Wannsee-Konferenz“. Am 20. Januar 1942 trafen sich hier Staatssekretäre als auch Angehörige der SS und sprachen über das weitere Fortgehen in der sogenannten „Endlösung der Judenfrage“.

Heute befindet sich in der Villa am Wannsee eine Gedenk- und Bildungsstätte. Im Januar 2006 wurde die Dauerausstellung „Die Wannsee-Konferenz und der Völkermord an den europäischen Juden“ eröffnet. Sie zeigt in 15 Ausstellungsräumen die Entwicklung des Antisemitismus in Deutschland und endet mit der Schilderung des systematischen Judenmords in Europa - dem Holocaust.

Im Rahmen einer Exkursion des Lehrstuhls für Neuere und Neueste Geschichte besuchten 33 Studenten die Bildungsstätte. Nach einer Führung durch die Räumlichkeiten folgte ein zweistündiges Seminar mit Dr. Wolfgang Kaiser. Er ist langjähriger wissenschaftlicher Mitarbeiter des Hauses und unternahm in einem Seminar den Versuch, den Teilnehmern die Ausstellungskonzeption als auch das Thema „Visualisierung und Virtualisierung“ von Geschichte in Bildungsstätten zu erläutern.

Kaiser bezeichnete die Villa am Grossen Wannsee 56/58 als ein „Haus der Täter“. Doch auch die Opfer kommen in der Ausstellung zu Wort. Der letzte Raum sammelt unter dem Titel „Die Gegenwart der Vergangenheit“ Zitate von Überlebenden und nachkommenden Generationen. Die eingangs zitierten Worte Joseph Wulfs bilden unter anderem einen wirksamen Abschluss der Ausstellung. Wulf war ein jüdischer Widerstandkampfer, er überlebte Ausschwitz und ergriff 1965 ergriff die Initiative zur Errichtung des Dokumentationszentrums in der Villa am Wannsee.

Im Rückblick auf die Geschichte des Hauses scheinen die eineinhalb Stunden, die die Konferenz andauerte, minimal. Ihre Auswirkungen auf den Verlauf der Geschichte stehen in keinem Verhältnis dazu.

Lediglich eines der 30 angefertigten Protokolle blieb zufällig erhalten und konnte schließlich überhaupt erst beweisen, dass eine solche Konferenz stattgefunden hatte. Verfasst in einem so genannten Tarnvokabular erscheint das Dokument umso erschreckender. Neben dem Haus an sich bildet die Kopie Nummer 16 des Sitzungsprotokolls, einst bestimmt für Unterstaatssekretär Martin Luther, das wichtigste Dokument der Ausstellung und wird in jenem Raum ausgestellt, in dem die 15 Teilnehmer konferierten.

Wie aber konzipiert man eine solche Ausstellung? Wolf Kaiser legte im Seminar dar, dass die Bildungsstätte neben der Ausstellung zahlreiche Seminare und Lehrerfort-bildungen anbietet. Hierbei orientiert sich die Ausstellung an einem Querschnitt von Verständnis und Wissen, sie ist also konzipiert für ein breites und unterschiedlich vorgebildetes Publikum. Die Gestaltung der Ausstellung verfolgt kein didaktisches Konzept. Sie lässt beispielsweise Bilder, Dokumente und Zitate weitgehend unkommentiert, sodass laut Kaiser eine größere Authentizität bestehe und keine Transkription erfolge. Die Initiatoren wollten keine Ausstellung, die jede Art des Nachdenkens verhindere. Es gibt zahlreiche Dokumente, erklärende Texte, Bilder, aber nur vereinzelt Videomitschnitte und Audioguides. In der Diskussion mit Kaiser wurde jedoch schnell klar, dass besonders für die Studenten dieser Einsatz von Medien eine immer wichtiger werdende Rolle spielt. Ebenso gewinnt die Frage, wie sich das Haus in Zukunft präsentieren sollte, insbesondere wenn das Internet auch für Historiker und historisch Interessierte eine immer größere Bedeutung einnehmen wird, an Relevanz. Hier vertritt Kaiser eindeutig den Standpunkt, dass mit dem Haus als Gedenkort eine Grenze der Visualisierung erreicht ist. Auf der Homepage der Gedenkstätte sind eine ausführliche Beschreibung der Ausstellung, der Geschichte des Hauses, Begleittexte und zahlreiche Dokumente verfügbar.

Es gibt 15 Räume in denen die Vorgeschichte, Auswirkungen und die Beteiligten der Wannsee-Konferenz gezeigt werden. Der Garten hinter der Villa bildet einen 16. Raum, einen Ort der Ruhe. Hier hat der Besucher die Möglichkeit, die Atmosphäre auf sich wirken zu lassen und die Bedeutung dieses Ortes wahrzunehmen.

Der Garten der Villa ist in eine spätherbstliche Stimmung getaucht. Auf dem Wannsee liegt dichter Nebel. Blickt man vom Seeufer auf das erleuchtete Haus, so ist kaum vorstellbar, dass hier vor knapp 70 Jahren 15 Männer über den weiteren Verlauf der „Endlösung der Judenfrage“ diskutierten.

von Sophie Hubbe

Letzte Änderung: 03.06.2014 - Ansprechpartner: Silke Satjukow